Statement des Ratsmitglieds PD Dr. Corinna Lüthje

PD Dr. Corinna Lüthje (SPD)
PD Dr. Corinna Lüthje

„Am 30. November stand bei der Sitzung des Stadtrats ein Antrag der UWG zur Abstimmung, eine Einwohner*innenbefragung zu Sensoria durchzuführen. Ich habe mich als Ratsfrau, gemeinsam mit der SPD-Fraktion, entschieden, dagegen zu stimmen. Ich möchte Ihnen gerne meine ganz persönlichen Argumente für die Ablehnung darlegen. Ich bin eine glühende Verfechterin von Bürger*innenbeteiligung bzw. Partizipation. Allerdings gibt es eine große Auswahl von Instrumenten, die je nach Stand eines Projekts sinnvoll eingesetzt werden können. In Holzminden gibt es bisher keine wirkliche Beteiligungskultur. Beteiligung muss gesellschaftlich geübt und in einem strukturierten Verfahren durchgeführt werden. Alle beteiligten Akteure (Verwaltung, Politik, Bürger*innengesellschaft und Anspruchsgruppen) müssen das mittragen und ihr Handeln darauf ausrichten. Das ist ein Prozess des kulturellen Wandels, der nicht von heute auf morgen gelingt. Ich plädiere dafür, dass wir für Holzminden (wie inzwischen in vielen Kommunen) eine Leitlinie oder Satzung entwickeln, die Beteiligungsverfahren regelt und an die sich alle halten.

Sensoria ist ein wichtiges Projekt für die Entwicklung der Innenstadt von Holzminden und die Identifikation der Bürger*innen mit ihrer Stadt. Ich hätte mir gewünscht, dass es von Beginn der Planungen an ein partizipatives Verfahren gegeben hätte, um es von Anfang an tief in der Stadtgesellschaft zu verankern und eine feste Bindung zu erreichen. Leider ist es ein klassisches Top-Down-Projekt geworden. Die Diskussion darüber verläuft sehr emotional zwischen Gegner*innen und Befürworter*innen. Trotzdem ist eine Einwohner:innenbefragung zu diesem späten Zeitpunkt nicht das geeignete Instrument. Erfahrungsgemäß gibt es bei solchen Befragungen eine sehr geringe Beteiligung. Davor gibt es häufig ‚Guerilla-Kampagnen' voller Desinformation. Auch werden die Kampagnen von den finanziellen Mitteln der Befürworter*innen oder Gegner*innen bestimmt. Das schafft Ungleichheit. Die Ergebnisse solcher Befragungen sind nicht repräsentativ, tragen kaum zum Erkenntnisgewinn bei und vor allem legitimieren sie keine Entscheidung. Aber sie können großen Schaden anrichten, weil sie zu einer gesellschaftlichen Spaltung führen, also genau das Gegenteil von dem, was mit dem Sensoria-Projekt für die Stadtgesellschaft von Holzminden beabsichtigt wird. Ich bin froh, dass die Entscheidung des alten Stadtrats, Sensoria zu realisieren, von dem neuen Rat bestätigt wurde. Alle Gremien haben zugestimmt. Das ist in einer repräsentativen Demokratie Legitimation und sollte auch von Gegner*innen akzeptiert werden. Zudem zeigt die Verlängerung der Fördermittel, dass Sensoria auch aus der Außenperspektive für wichtig gehalten wird. Allerdings setzt uns dies unter Zeitdruck. Ein Warten auf die Ergebnisse der Befragung lähmt und führt zu weiteren Verzögerungen, die wir uns nicht mehr leisten können. Zudem stellt sich die Frage, wie im Nachgang mit den Ergebnissen verfahren werden soll, denn es handelt sich nicht um einen Bürgerentscheid, der ein schärferes Instrument wäre.

Was wir allerdings jetzt sehr kurzfristig tun müssen, ist eine Informationskampagne zu starten, die die Holzmindener*innen nicht nur über Kosten, sondern auch über Chancen, die mit Sensoria verbunden sind, unterrichtet. Das könnte bzw. sollte durchaus dialogisch sein. Es geht nun darum, dass wir alle miteinander Vorfreude und Stolz auf dieses wunderbare Projekt entwickeln: Auf den Bau, der natürlich als Tor von der Weserbrücke zur Innenstadt repräsentativ sein muss, auf den Inhalt und die Veranstaltungen - und natürlich auf die Auswirkungen auf die Innenstadt von Holzminden. Sensoria wird ein pulsierendes Herz sein, das Leben und Wärme in die Stadt pumpt. Ich jedenfalls freue mich darauf!“